Wenn du so vorgehst, kannst du alles lernen

Wenn du so vorgehst, kannst du alles lernen

“Wie müssen Informationen und Wissen aufbereitet sein, damit sie Menschen wirklich verstehen und anwenden können?” Seit 19 Jahren erlebe ich immer wieder, wie unterschiedlich verschiedene Gehirne die gleiche Information aufnehmen, abspeichern und anwenden. Bereits damals in der Nachhilfe von meinen Mitschülern wurde der Grundstein dafür gelegt, wie ich heute arbeite. In diesem Artikel erkläre ich dir am Beispiel des Balancierens auf der Slackline, welches Modell ich dafür entwickelt habe und wie auch du so alles lernen kannst. Nach diesem Modell konzipiere ich alle meine Trainings und Workshops, damit die Teilnehmer hinterher den maximalen Lernerfolg haben.

Erfahre, was WIRKLICH ist

Wenn du dir ein bestimmtes Thema vornimmst, scheitert es manchmal schon am ersten Schritt. Denn zu fast jedem Thema gibt es mittlerweile eine Unmenge an Informationen im Internet. Und leider gibt es gerade in den Bereichen, die viele Menschen interessieren und betreffen (z.B. Persönlichkeitsentwicklung, Motivation, Karriere, Ernährung oder Fitnesstraining) jede Menge Anbieter, die mit ihrem Angebot ihre eigenen Interessen verfolgen. Das heißt, dass du auf vielen Plattformen auf “Experten” stößt, die dir ihre Interpretationen, Erfahrungen und Meinungen als Fakten verkaufen. Nach meiner Definition treffen Fakten wirklich unmissverständlich zu – das heißt, sie treffen in jedem Kontext zu und sind nicht von Person zu Person verschieden. Gerade, wenn du in einem Bereich unerfahren bist, wird es dir natürlich schwer fallen, die Fakten von Interpretationen zu unterscheiden.

Das klingt jetzt sehr theoretisch, deswegen möchte ich dir das am Beispiel Slackline kurz zeigen:

https://www.youtube.com/watch?v=RR8zybBX2uA

Wenn du lernen möchtest, auf der Slackline zu balancieren, wäre ein Ansatz dir Anweisungen zu geben wie “Du musst die Hände über den Kopf nehmen.” oder “Du musst einen fixen Punkt geradeaus fixieren”. Das sind bereits Interpretationen, denn sie treffen nicht unmissverständlich auf alle Menschen zu.

Ganz anders – und den Unterschied siehst du deutlich im Video – ist es, einem Lernenden den folgenden Zusammenhang zu erklären: Je weiter die Hüfte von der Slackline weg ist, desto instabiler ist das System. Gleichzeitig ist es aber überhaupt nicht anstrengend für deine Beine. Je näher die Hüfte an der Slackline ist (=tiefer Schwerpunkt), desto stabiler wird das System. Nur wird das dann schnell anstrengend in den Beinen.

Wenn ein Lernender diesen Zusammenhang, der ein echter Fakt ist, an die Hand bekommt, kann er plötzlich erfahren, was WIRKLICH ist. Denn selbst, wenn man am Anfang noch keine Schritte gehen kann, kann man diesen Zusammenhang extrem schnell spüren. Und aufbauend auf dem ersten Fakt geht es weiter.

Fakten in Beziehung setzen – Das Faktengerüst

Sobald du mehr als einen echten Fakt an der Hand hast, kannst du ihn in Beziehung zu einem zweiten Fakt stellen. Im Beispiel mit der Slackline wäre das zum Beispiel die Information, dass ein freies Bein besser zum Ausgleichen genutzt werden kann, als ein Bein, das auf der Slackline steht. (Auch hier gilt wieder Vorsicht: Es ist nicht einfacher, auf einem Bein zu stehen – das wäre wieder von Person zu Person verschieden)

Den Raum, der zwischen zwei Fakten entsteht, darfst du nun mit deinen eigenen Interpretationen und Erfahrungen füllen. Deswegen nenne ich ihn den “Spielraum”, da die Art und Weise, wie sich der Raum füllt, natürlich einem Spiel ähnelt. Denn basierend auf den Fakten wirst du natürlich experimentieren und ausprobieren und so deine eigenen Erfahrungen machen. Das Faktengerüst erkläre ich dir im Video, da es dazu noch einiges zu beachten gibt.

Wachsende Erfahrung macht dich sensibler für Fakten

Je länger du dich mit einem Thema beschäftigst, und je mehr eigene Erfahrungen du (vor allem auch am eigenen Körper) machst, desto besser wirst du in der Lage sein, Fakten von Interpretationen zu unterscheiden. Stück für Stück füllst du den Spielraum in deinem Faktengerüst mit anwendbarem Wissen und lernst kontinuierlich dazu. Besonders spannend finde ich es, immer wieder auf neue Krümel “Wirklichkeit” zu treffen. Denn je länger du dich mit einer Sache beschäftigst, desto mehr wird dir auch auffallen, wie wenig wir eigentlich über ganz viele Themen wissen. Umso wertvoller sind eigentlich echte Fakten.

Modelle, Theorien, Techniken und Methoden

Im Unterschied zu echten Fakten kommen natürlich in vielen Bereichen Modelle, Theorien, Techniken und Methoden zum Einsatz, die versuchen die Wirklichkeit abzubilden. Das beste Beispiel dafür ist mein eigenes Faktengerüst – es ist natürlich selbst nur ein Modell. In der Kommunikationsbranche oder im Bereich Stressmanagement wird auch sehr viel mit Modellen gearbeitet, die mal besser und mal schlechter funktionieren. Wenn ich selbst in den Bereichen Trainings gebe, grenze ich von vornherein immer klar ab, was nur ein Modell und was tatsächlich erwiesen ist – denn so haben die Lernenden immer die Chance, ihr eigenes System im Kopf zu erstellen.

Die Aufnahme der Fakten in das zyklische Lernmodell

In dem Artikel “Neue Arbeit braucht neues Vertrauen” habe ich über ein weiteres Modell von mir gesprochen, das zyklische Lernmodell. Denn erst durch die Anwendung der Fakten entstehen im Gehirn die Strukturen, die Information nachhaltig zu anwendbarem Wissen werden lassen. Eingeordnet in den jeweiligen Kontext ergeben sich so Handlungsabläufe, die irgendwann automatisiert abgerufen werden können – ohne Beteiligung des Bewusstseins. Das heißt, irgendwann kannst du dann auf der Slackline Zeitung lesen oder deine Aktien checken, weil du für die Bewegung nicht mehr dein Bewusstsein brauchst.

Ich kann dir nur empfehlen, dich mit dem Faktengerüst anzufreunden. Dieser Weg ist zwar manchmal anstrengend und mühsam, bietet dir aber immer die Chance zu wachsen und eigene Erfahrungen zu machen. Und wenn du mal einen meiner Workshops, Seminaren oder Trainings erlebst, wirst du erfahren wie angenehm es ist, eine klare Abgrenzung zwischen Fakten und Interpretationen und Meinungen zu haben.

Benjamin Jaksch - Copyright Andreas Reiter

Benjamin Jaksch ist Lernenthusiast: Er beschäftigt sich seit 19 Jahren mit der Frage, unter welchen Rahmenbedingungen Menschen am Besten lernen. Egal was ein Mensch lernen möchte – die entscheidenden Faktoren lassen sich in drei Kategorien gruppieren: Die Art und Weise der zwischenmenschlichen Begegnung, Wissen über den Mensch als Lerner allgemein und individuelle Erkenntnisse über das Individuum. Benjamin Jaksch hilft Menschen in Organisationen dabei, effizienter zu lernen – und damit ihre Rolle in der Arbeitswelt der Zukunft selbst mitzugestalten: Mit Impulsen, Vorträgen und Workshops.